Tolling - was ist das?

oder andersherum angefangen:

Was ist es nicht?


Was wurde zu diesem Thema nicht schon alles geschrieben - in Hunde-Magazinen, im Netz, ja sogar in Büchern!
Tolling ist nicht bzw. hat nichts zu tun mit:

  • quietschenden Tollern oder gar dem sogenannten „Tollerschrei“
  • Bällchen hier und Bällchen dort und der Hund macht ansonsten was er will
  • schlechter Wasserannahme - oft gebrauchte Ausrede "er sucht sich einen guten Einstieg"

Im Gegenteil, zu Tolling gehört

  • ausdauernde Spielfreude
  • der Wille und der Fokus mit ‚seinem‘ Menschen zusammen zu arbeiten

Der Toller ist die einzige von den 6 Retrieverrassen, die neben der eigentlichen Retrieverarbeit - dem ‚retrieve', der Arbeit nach dem Schuss - noch eine weitere Aufgabe, nämlich das Heranlocken des Wasserwildes in die Reichweite der Flinten des Jägers hat.
Er ist damit - neben dem aus den Niederlanden stammenden Kooikerhondje - die einzig anerkannte Lockhunderasse.

Über viele Jahre fand dieser Aspekt leider keinerlei Beachtung im Rahmen der klassischen Retrieverprüfungen, aber wie heißt es so schön „Dicke Bretter muss man langsam bohren“ oder „Steter Tropfen höhlt den Stein“.

Sehr viel Lobbyarbeit von engagierten Tollerzüchtern und -führern führt dazu, dass es seit 2016 die Anfängerprüfung ‚Tolling-Bronze‘ im DRC gibt. Bei dieser Prüfung liegt der Schwerpunkt auf der Beurteilung der Anlagen, wie

  • Bindung zum Hundeführer (Jäger) beim anschleichen ins Versteck
  • Ausdauerndes und spielerisches Tolling
  • Wasserfreude
  • Zusammenarbeit mit dem Hundeführer (Jäger)

Dass, dann auch noch ein Apport aus tiefem Wasser dazu kommt, macht ‚die Sache rund‘.

Die gute Resonanz zur Prüfung und positive Kommentare von Seiten des Jagdgebrauchshundeverbandes („Kynologisch sinnvolle Prüfung“) ebneten den Weg für

‚Tolling-Silber‘ im Jahre 2019.

Diese Prüfung ist wesentlich anspruchsvoller und orientiert sich vom Leistungsumfang in etwa an einer Bringleistungsprüfung (BLP/R).


Im Folgenden werde ich versuchen, den Ablauf einer Entenjagd unter zu Hilfenahme von Tolling zu beschreiben und zu erörtern, ich werde dazu auch des Öfteren Passagen aus dem Rassestandard zitieren, um damit das Komplettbild des Tollers abzurunden.

Als Vorbereitung können auf dem Gewässer Lockenten ausgebracht werden, dann benötigt der Jäger eine natürliche - oder auch künstlich angelegte - Blende, von der er den Toller zum Tolling schicken kann oder sich auch mit ihm gemeinsam verbergen kann. Im Anschluss beginnt für den Toller die Arbeit, die im Standard so lapidar in einem kurzen Abschnitt:
Der Lockhund rennt, springt und spielt entlang des Strandes und kann dabei von einer Entenschar uneingeschränkt beobachtet werden. Manchmal verschwindet er dabei aus der Sicht, um schnell wieder zu erscheinen. Hierbei wird er von dem Jäger aus dessen Versteck unterstützt, der dem Hund kleine Stücke oder Bälle zuwirft. Diese spielerische Aktion erweckt die Neugier der Enten, die in einiger Entfernung von der Küste schwimmen; sie werden somit in die Reichweite der Flintengeschosse gelockt. Der Toller wird dann zum Apportieren der toten oder angeschossenen Vögel geschickt.
zusammengefasst ist.
Ein sehr wichtiger Aspekt während der Tolling-Sequenzen ist, dass der Toller diese Aufgabe  lautlos durchführt, er hat dabei das Wasser und die darin ausgebrachten Lockenten zu ignorieren.
Er sollte vollkommen auf die momentan anstehende Aufgabe - das spielerische apportieren des Gegenstandes - konzentriert sein.
Diese Art der ‚Arbeit' wird immer wieder unterbrochen, in dem der Toller hinter die Blende kommen muss, hier hat er sich ebenfalls absolut ruhig zu verhalten und darf nicht stören oder gar auffordernd bellen. (1)
Um hier zu einem reibungslosen Ablauf zu kommen, kommt dem Toller seine Intelligenz und seine überaus große Gelehrigkeit (Achtung: Positiv wie Negativ) zu Gute.
Der Toller ist sehr intelligent, sehr gelehrig und hat große Ausdauer. ...
Sein ausgeprägter Apportiersinn und sein Spieltrieb sind die unentbehrlichen Grundlagen für seine Lockfähigkeit.

Der im Standard angesprochene ausgeprägte Spieltrieb bleibt dem Toller sehr oft bis ins hohe Alter hinein erhalten.

Unter diesem Link kann man eine ungefähre Vorstellung davon bekommen, wie solch eine Tolling-Jagd ablaufen kann.

Tolling Video

(1) Hier werden während des Trainings bzw. während dem Aufbau des jungen Hundes immer wieder sehr viele Fehler gemacht, in dem man dem Toller unkontrolliert Bälle wirft und auf dessen Aufforderung reagiert und der Mensch unversehens zur Ballwurfmaschine seine Tollers degradiert wird.

 

Es empfiehlt sich von Anfang an, auch das Spiel unter gewissen kontrollierten Bedingungen:

  • der Mensch beginnt und beendet das Spiel
  • der Mensch hebt niemals den vor ihm abgelegten Spielgegenstand auf, sondern besteht auf eine Abgabe in die Hand
  • aufforderndes bellen wird ignoriert und mit sofortigem Spielende ‚bestraft'

ablaufen zu lassen.

Nur so kann von Anfang an vermieden werden, dass unsere Toller zu Balljunkies ‚verblöden'.